
Tragt ihr heute noch Dinge, die ihr vor einem Jahr genäht habt? Oder war es sogar schon mal so, dass ihr fertig wurdet und dann gemerkt habt, dass euch der Schnitt doch nicht so gut gefällt oder
euch die Farbe nicht steht?
Wenn ich mir die Kleiderstange mit meinen genähten Sachen ansehe, dann ist es der farbliche Unterschied von der linken zur rechten Seite, der mir als allererstes auffällt. Es sind zwar nicht alle
Kleidungsstücke exakt chronologisch nach Entstehungsdatum geordnet, aber schon nach dem Jahr 2018 (rechte Seite) und 2019/2020 (linke Seite). Damals habe ich anscheinend noch nicht gewusst,
welche Farben ich wirklich später tragen würde, denn ich habe alles mögliche vernäht. Von kräftigem Gelb und leuchtendem Rot zu grün-grau-meliert und bunt. In meinem Kleiderschrank, wo die
gekauften Sachen sind, hat man solche Farben nie gefunden, deswegen weiß ich nicht, wie ich darauf gekommen bin, solche Stoffe auszuwählen. Ich glaube, ich hatte noch kein Gefühl dafür und das
neue Hobby war so aufregend mit all der großen Auswahl an Stoffen und Farben. Auch Schnitte von damals hätte ich heute nicht mehr für mich ausgesucht (einen Hoodie z.B., da ich so etwas nicht
mehr trage, oder bestimmte Jackenschnitte, die mir nicht stehen).
Mit der Zeit habe ich eher meinen Stil gefunden und ich weiß, welche Farben ich gut und gerne trage. Dennoch möchte ich nichts wegwerfen oder irgendwo in einer Kiste verstauen, weil ich mir gerne
ab und zu ansehe, wie ich mich stilmäßig verändert, aber auch nähtechnisch verbessert habe.

Das "Tight Dress" (links) in der Farbe Auberigine gehört zu den Kleidern, die ich sehr gerne trage. Das "Sanette-Kleid" (rechts) mit dem Blumenprint ist eines meiner ersten Projekte gewesen, das ich hübsch finde, aber so nicht noch mal nähen würde.
Es gehört alles zu der "Laufbahn" dieses Hobbys hinzu, und wer weiß, wie es in vielleicht zwei Jahren aussieht. Außerdem verbinde ich jedes Kleidungsstück mit einem bestimmten Moment. Zum Beispiel der, wie ich den einen rot-weiß gestreiften Baumwollstoff notgedrungen gekauft habe, weil ich nichts besseres gefunden habe und später sehr unglücklich mit der Wahl war, oder wie ich das eine geblümte Kleid im Barcelona-Urlaub trug und die Saumnaht gerissen ist und ich an Straßenständen nach einer Schere gefragt habe. Es sind so viele schöne, lustige, aber auch traurige Situationen, an die ich mich direkt erinnere, wenn ich ein Kleidungsstück ansehe. Jedes hat seine eigene Geschichte und das ist eines der vielen Dinge, die ich am Nähen so mag. In diesem Sinne: Genießt den Entstehungsprozess und seht jedes einzelne Stück als etwas Besonderes, egal wie unzufrieden ihr vielleicht damit seid.
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