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Mein blaues Frühlingskleid

Eigentlich war mein erster Satz der, dass ich mich über die aktuellen warmen Temperaturen freue. Das war aber vor 2,5 Wochen, als ich begonnen habe, den Blogpost zu schreiben. Leider konnte ich ihn nicht beenden (mich hat leider das Coronavirus erwischt..), daher fange ich noch mal neu an. Inzwischen ist es wieder kühler und ich sehne mich nach dem Frühlingswetter, damt ich endlich wieder dieses Kleid tragen kann. Auf Instagram habe ich euch am Nähprozess teilhaben lassen, wenn auch nicht am ganzen, was ich eigentlich vor hatte. Ihr könnt gerne in meinen Story Highlights nachschauen, wenn ihr es verpasst habt. Bis zur ersten Anprobe habe ich alles gefilmt :). Außerdem zeige ich euch in zwei IGTV-Videos, wie ich die Nahttaschen genäht habe und wie man Knöpfe annäht.


Der Schnitt

Mein letzter Schnitt von Vikisews ist schon vier Monate her. Es war Zeit für etwas Neues :). Das Kleid Lilith ist mir schon vor längerer Zeit aufgefallen und dieses Mal hatte ich richtig Lust darauf, es zu nähen! Es ist ein mittellanges, tailliertes Hemdblusen-Kleid mit Reverskragen, Knöpfen, Taschen, kurzen Ärmeln mit Aufschlägen und einem Gürtel, der mit einem Knopf verschlossen wird. Ich finde, es ist ein wirklich zeitloser Schnitt, den man zu vielen Anlässen sowie im Alltag tragen kann.

Anders als die anderen Schnitte, die ich zuvor genäht hatte, wird das Kleid als Kurs angeboten (leider wurde vor Kurzem das komplette Kursangebot rausgenommen, weil bald etwas Neues kommt). Dieser beinhaltet das Schnittmuster, ein umfangreiches Workbook mit 77 Seiten und einen Zugang zu sehr vielen detaillierten Videos. Ich war wirklich begeistert und habe mich sehr auf dieses größere Projekt gefreut. Ich liebe es, zu planen und mir Gedanken darüber zu machen, welchen Stoff und welche Knöpfe ich nehme, mir die Anleitung anzusehen, um abschätzen zu können, was mich erwartet usw. All das halte ich gerne in meinem Notizbuch fest. Vor allem bei der russischen Anleitung war es sehr hilfreich für mich, Dinge zu notieren, damit ich sie nicht immer erst übersetzen muss. Auch für später ist es praktisch, die Noitzen zur Hand zu haben, wenn man das Kleid noch mal nähen möchte.

 

Der Videokurs wurde in 16 Teilen gegliedert. Es wird jeder einzelne Schritt gezeigt, wie das komplette Kleid genäht wird und es werden einem dabei viele Tipps gegeben. Aber auch wie man den passenden Stoff auswählt, richtig Maß nimmt, den Schnitt anpasst und abwandeln kann usw. Alles wird bis ins kleinste Detail erklärt, sodass keine Fragen offen bleiben. Ich habe einiges aber übersprungen und mir nicht die Mühe gemacht, es zu übersetzen (ich halte die Google Translator App an mein IPad, damit das, was gesprochen wird, übersetzt werden kann), wie z. B. die Stoffwahl oder das komplette Kapitel, in dem gezeigt wird wie man ein Probestück anfertigt und was man dabei beachten muss. Dafür bin ich leider immer zu faul, obwohl es glaube ich schon notwendig sein könnte, wenn das Kleidungsstück zu 100 % gut sitzen soll. Es ist zwar etwas mühsam, dass alles auf Russisch ist, aber es sind wirklich die besten Videos, die ich jemals gesehen habe! Ich freue mich dennoch sehr darauf, dass Vikisews alle Schnitte bald auf Englisch anbietet. Auf Etsy kann man schon einige Schnitte auf Englisch kaufen, und diejenigen, die bereits russische Muster haben, können eine E-Mail schreiben und es wird ihnen auf Englisch zugeschickt, sobald es übersetzt wurde.


Meine Stoffwahl

Ich habe mich für einen Leinen-Viskose-Mix entschieden. Und obwohl ich mit dem letzten nicht ganz so zufrieden war (bei dieser Leinenjacke), da es immer noch viel knitterte, wollte ich es mit diesem Stoff von Stoffe.de ausprobieren, bei dem der Leinenanteil nur 30 % hoch ist. Zur Auswahl gab es nur zwei Farben: Schwarz und Königsblau. Beide Farben würde ich zu meinen Favoriten zählen, was die Kleidung betrifft. Da Blau aber fröhlicher wirkt und mehr zum Frühling passt, habe ich mich dafür entschieden und auch nicht bereut. Als er ankam, war ich noch etwas skeptisch, da es sich doch nach viel Leinen anfühlt, aber nachdem er gewaschen und (leicht feucht) gebügelt wurde, war er viel weicher und ich habe mich direkt darauf gefreut, ihn zu vernähen. 

 

Nun konnte ich also beginnen.


Der Nähprozess

Ich glaube, es ist wichtig, dass man sich viel Zeit für ein Nähprojekt nimmt und genug Pausen einplant. Ehe man sich versieht, macht man "nur mal schnell noch diese Naht", und schon wird sie nicht mehr so ordentlich. Und weil man schon genervt ist, trennt man nicht mehr auf und lässt es so, um sich später darüber ärgern zu können. Davon kann ich wirklich ein Lied singen und daher habe ich zu Beginn dieses Kleides zwei Dinge beschlossen: 1. Nimm dir alle Zeit der Welt und näh so ordentlich wie möglich und 2. Halte den Schreibtisch und das Zimmer auch während des Nähens ordentlich. Es gibt mir ein so gutes Gefühl und ich bin viel motivierter, wenn Ordnung herrscht, vor allem, wenn man dann am nächsten Tag weitermachen möchte. Das hätte ich wirklich nicht gedacht, weil ich eigentlich ein wirklich unordentlicher Mensch bin. Aber es wird besser!

Tipp: Den Papierschnitt zur Seite falten und die Abnäher mit Kreide anzeichnen
Tipp: Den Papierschnitt zur Seite falten und die Abnäher mit Kreide anzeichnen

Der Videokurs hat vorgesehen, Oberteil, Rock und Kragen erst provisorisch zusammenzunähen, damit eine Anprobe gemacht werden kann, um dann Anpassungen einfacher vornehmen zu können. Generell wurde viel mit Hand geheftet, bevor es an die Nähmaschine ging, was sehr hilfreich war, vor allem beim Nähen des Reverskragens. Dieser war etwas kniffliger als der Rest, auch wenn es nicht mein erster war. Ich habe aber das Gefühl, dass es so viele unterschiedliche Möglichkeiten gibt, wie man ihn nähen kann und daher war ich auch hier wieder dankbar, dass ich ein Video dazu hatte. Zwei Fehler sind mir beim Kragen passiert. Einen könnt ihr auf dem unteren Bild erkennen: Ich habe ihn abgesteppt und dann mit der falschen Seite an das Kleid genäht, sodass man die Nähte sehen kann (eigentlich sollten die unten sein). Leider konnte ich es nicht mehr korrigieren, weil ich schon viel zu weit war und die Nahtzugaben zurückgeschnitten habe. Außerdem hat er schon sehr gefranst.

 

Den zweiten Fehler kann man auch bei genauem Hinsehen auf einigen Bildern sehen. Von euch aus gesehen ist es die rechte Kragenspitze, die etwas heller ist. Innen habe ich die Nahtzugabe an der Spitze zu weit eingeschnitten, sodass es anfing auszufransen und ich hatte Angst, dass ein Loch entsteht. Also habe ich etwas Fransenstopp auf die linke Seite getropft und es kam zu viel raus, sodass man es auch auf der rechten Seite sehen konnte. Schnell habe ich versucht, es rauszuwaschen, und  dann färbte sich der dunkle Fleck plötzlich weiß, was noch schlimmer war. Es ist ja eine Art Kleber, der sich in den Stoff einsaugt und verteilt hat. Ich sag es euch, ich bin an dem Abend fast verzweifelt und das war der Moment, in dem ich wusste, dass das Kleid nicht mehr perfekt wird. Unzählige Male habe ich versucht es im Wechsel rauszuwaschen (mal mit Seife, mal mit Waschmittel) und zu föhnen. Sogar mit blauem Filzstift habe ich es angemalt (was ich euch nicht empfehlen kann), nur um es wieder rauszuwaschen, weil es nicht den gleichen Farbton hatte. Irgendwann war es akzeptabel, auch wenn es nicht ganz rausging.. Ich habe dann versucht mir einzureden, dass man schon nicht darauf achtet. Aber manchmal reicht es ja schon, dass man es selbst sieht. Also, mein Tipp: Seid immer vorsichtig mit Fransenstopp, wenn ihr es nutzt. 

Vorzunehmende Änderungen: 1 cm vom Oberteil wegnehmen, da es nicht genau direkt an der Taille geendet hat und der Saum soll um 1 cm gekürzt werden.
Vorzunehmende Änderungen: 1 cm vom Oberteil wegnehmen, da es nicht genau direkt an der Taille geendet hat und der Saum soll um 1 cm gekürzt werden.

Das waren zum Glück die einzigen Missgeschicke. Mit dem Rest bin ich sehr zufrieden. Ganz besonders stolz bin ich auf die Nahttaschen. Ich habe schon so viele genäht und nie war es so aufwendig und das Ergebnis noch nie so perfekt, wie bei diesem Kleid. Erst habe ich mir überlegt, einen extra Blogbeitrag mit einer Anleitung zu schreiben, aber es ist glaube ich verständlicher und einfacher, es in einem Video zu sehen. Wie schon oben erwähnt, habe ich jeden Schritt gefilmt und in einem IGTV-Video auf meinem Instagram-Account hochgeladen. Schaut gerne vorbei!

Übrigens kann man auf dem oberen Bild auch sehen, dass innen die Overlocknähte zum Stoff passen. Vorher habe ich immer nur Schwarz oder Weiß genommen, da ich nur diese Konen hatte. Ich habe dann aber den Tipp bekommen, dass man auch normales Garn nehmen kann für die Overlock. Fragt mich nicht, wie ich auf die Idee gekommen bin, dass man nur die Konen nehmen kann. Jetzt weiß ich es besser :). Ich bin wirklich froh darüber, da das Kleid auch innen schön ist.


Fazit

Ich wünschte, es gibt zu jedem umfangreichen Schnitt einen Kurs. Es wäre mir wirklich wert, etwas mehr dafür zu bezahlen und dafür so gute Erklärungen und Nähtipps zu bekommen. So banale Dinge, wie man z. B. die Knöpfe mit der Hand annäht, gaben mir den Aha-Effekt und sind so hilfreich, meine zukünftigen Projekte noch besser zu machen.

 

Am Samstag, den 13. März habe ich begonnen, das Kleid zu nähen und genau zwei Wochen später, am Samstag, den 27. März, war ich fertig. Ich habe jeden Schritt genossen und versucht, so genau und ordentlich wie möglich zu nähen. Manchmal nehme ich das Kleid einfach so in die Hand und schaue mir die Einzelheiten an: Wie gut die Nähte aufeinandertreffen, dass die Knöpfe im gleichmäßigen Abstand angenäht wurden, wie ordentlich der Saum ist usw. Auch wenn ich es gerade nicht trage, gibt mir der Anblick so viele Glücksgefühle und dann weiß ich, wieso ich es so sehr liebe zu nähen und warum sich die viele Arbeit (und manchmal die Aufregung) lohnt. Aber es ist nicht nur das Ergebnis, sondern auch der gesamte Nähprozess, der mir eine so große Freude bereitet. Der Gedanke, etwas Einzigartiges schaffen zu können. Und dann ist es nicht mehr "nur etwas materielles", sondern es sind Gefühle, die man mit diesem Kleidungsstück verbindet, welches einen noch an vielen Tagen begleiten wird und an die man ich immer erinnern wird, wann immer man es ansieht.

 

Auch wenn das Kleid nicht perfekt geworden ist, gehört es auf jeden Fall zu den gelungensten Projekten.

 

Vielen Dank fürs Lesen! Es folgen nun weitere Bilder :).

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