
Nach langer Blogpause melde ich mich zurück. Ich freue mich, euch endlich mein aufwendigstes und wertvollstes Kleidungsstück zeigen zu können, an dem ich gefühlt das ganze letzte Jahr gearbeitet habe! Es handelt sich um eine Tweedjacke, bei der ich die klassische schwarze Chaneljacke als Inspiration genommen habe (Bild seht ihr unten im Abschnitt "Die Inspiration"). Auf meiner Instagramseite werdet ihr auch noch einige Videos und Anleitungen finden.
Der Schnitt

Im Dezember 2021 veröffentlichte Vikisews den Kurs zum Nähen der Tweedjacke Grace, der viele detaillierte Videos für jeden Schritt beinhaltete. Man hat die Qual der Wahl, ob man die zwei- oder einreihige Jacke näht. Abgesehen von dem Schnitt und den Taschen, besteht wohl der größte Unterschied darin, dass die grüne Version auf dem obigen Foto fast komplett mit Hand genäht wird, da keine aufbügelbare Einlage (Vlieseline) verwendet und auch das Futter mit ganz vielen kleinen Stichen mit der Hand eingenäht wird.
Die Inspiration

Wie schon erwähnt, hat mich die schwarze Chaneljacke inspiriert. Ein Klassiker, den man zu vielen Gelegenheiten tragen kann und in dem man sich wohl fühlt. So einen wollte ich unbedingt haben und da ich niemals so viel Geld für eine Jacke ausgeben kann/möchte, war es die perfekte "Vorlage" für mich. Wusstet ihr, dass das Nähen einer Haute-Couture-Chaneljacke bis zu 130 Arbeitsstunden erfordert? Der Gedanke daran hat mich motiviert, mich für die aufwendigere Version zu entscheiden und all mein Herzblut reinzustecken. Das charakteristische Kettchen am Saum sowie die geflochtene Borte sieht die Anleitung sogar ebenfalls vor.
Bei der Recherche von Chaneljacken bin ich auf dieses YouTube-Video und auf dieses gestoßen, die den Entstehungsprozess bzw. die Eigenschaften zeigt. Sehr interessant und inspirierend!
Auf diesem Bild seht ihr oben das Original und unten meine genähte Version:

Materialien und Kosten

Ich schrieb oben, dass es mein "wertvollstes" selbstgenähtes Kleidungsstück ist. Nicht nur, weil unendlich viel Arbeit drin steckt, sondern auch, weil das Material, das ich gewählt habe, sehr teuer war. Es sollte "perfekt" werden, und wenn es schon etwas ist, bei dem man richtig viele Stunden investiert, dann sollte auch alles andere stimmen. Ich wollte im Nachhinein nicht bereuen, nicht hochwertige Dinge verarbeitet zu haben.
Entschieden habe ich mich für einen schwarzen Tweedstoff, den ich bei Etsy gekauft habe (leider ist er nicht mehr erhältlich). Das Futter sollte - wie beim Original - aus reiner Seide bestehen. Diesen habe ich bei Naturstoff.de gekauft. Ein Meter kostet 39,90 €.. Ich hab auch ein wenig gezögert, vor allem weiß ich ja vorher nie zu 100 %, ob ein Projekt auch gelingt oder am Ende so ist, wie ich es mir vorstelle. Für die mit der Hand einzunähende Einlage habe ich eine Seidenorganza gewählt, ebenfalls von Naturstoff.de. Auch nicht so günstig mit damals 26,70 € pro Meter (jetzt kostet der Meter sogar 34,50 €). Die Knöpfe habe ich aus einem kleinen Knopfgeschäft in Salzburg gekauft.
Auch beim Nähgarn wollte ich das gute Seidennähgarn nehmen. Ich wusste nicht, dass man einen so großen Unterschied zu Polyester-Nähgarn sieht und fühlt.

Hier die Aufschlüsselung der Materialkosten:
- 3 m Tweedstoff 57,00 €
- 1,3 m Futterseide 51,87 €
- 2 m Organza 53,40 €
- 1 m Gliederkette 1,99 €
- 1 Paar Schulterpolster 2,50 €
- 1 Paar Ärmelfisch 2,00 €
- 13 Knöpfe 27,00 €
- 5 x Seidengarn 17,32 €
Kosten insgesamt 213,08 €
zzgl. 32,80 € Versandkosten
Das Nähen

Im April 2022 habe ich mit der Jacke begonnen und habe sie (nach einem halben Jahr Pause) erst im November fertig gestellt. Ich habe insgesamt ca. 144 Stunden gebraucht. Das sind fast 6 ganze Tage!
Begonnen hat der Videokurs damit, dass das Schnittmuster, das für die zweireihige Jacke vorgesehen ist, abgeändert wird. Die beiden Schnittteile für das Vorderteil werden zusammengefügt, die Abnäher werden auf Vorder- und Rückenteil entfernt und von der Länge her gekürzt.

Als ich mir die Videoanleitungen ansah, musste ich übrigens eine Zeit lang darüber nachdenken, ob ich mir das wirklich antun soll. Das Zeitintensivste war nämlich das Annähen der Seidenorganza auf die Tweedstoff-Teile mit der Hand. Auf dem Foto oben kann man es sehr gut erkennen und auf dem Bild unten seht ihr die fertigen Teile (bis auf die Taschen, die ich erst viel später gemacht habe). Währenddessen habe ich viele Serien nebenbei geschaut und dachte oft, dass ich niemals fertig werde.

Eine weitere aufwendige Arbeit war das Verbinden von Futterstoff und Hauptstoff. Auch hier wurde alles mit der Hand genäht. Zuerst mit einem Kontrastgarn geheftet (unnötigerweise habe ich es ziemlich ordentlich gemacht) und dann mit ganz winzigen Stichen angenäht. Dabei habe ich immer ganz genau einen Abstand von 1 cm gemessen, damit es einheitlich ist, auch wenn niemand darauf so genau achtet. Hier sieht man es:


Für die dekorativen Flechtbänder wurden die einzelnen Fäden aus dem Tweedstoff herausgetrennt, zu drei gleich langen Strängen geordnet, geflochten und anschließend mit der Hand an den Kanten der Jacke sowie an den Taschen genäht. Dies hat auch etwas gedauert, bis man genügend Fäden für alles hatte.
Last but not least: Die Schulterpolster. Diese werden - wer hätte es gedacht - mit der Hand bezogen und zwar mit dem Futterstoff, da die Schulterpolster nicht zwischen Außenstoff und Futter eingenäht, sondern an das Futter angebracht wird. Dazu gibt es auch bald eine Videoanleitung auf meiner Instagramseite :-).
Änderungen

Bei der Original-Chaneljacke sind es vier Taschen. Daher habe ich das Schnittteil für die vorhergesehenen zwei etwas verkleinert und 4 x zugeschnitten. Außerdem werden diese jeweils noch mit Knöpfen verziert. Bei den Ärmeln habe ich die Anzahl der Knöpfe von drei auf zwei geändert.
Fazit

Auch wenn ich im letzten Jahr gefühlt nur mit dieser Jacke beschäftigt war, bereue ich es nicht, sie genäht zu haben. Im Gegenteil: Ich bin so stolz darauf, auch wenn sie nicht perfekt wurde (leider ist mir beim Versäubern der beiden Rückenteile an der Overlock irgendein Fehler unterlaufen, sodass die Mittelnaht nicht ganz gerade ist...). Und wenn ich die Zeit hätte, dann würde ich sie vielleicht noch mal mit einem farbigen Tweedstoff nähen wollen. Wer weiß, ob ich jemals dazu komme.
Die Jacke ist bequem zu tragen, fühlt sich durch das Seidenfutter toll an und vor allem verbinde ich so viel mit der Jacke. Sie symbolisiert für mich das letzte Jahr, in dem ein wichtiger und neuer Abschnitt in meinem Leben begonnen hat.
Ich kann jedem den Videokurs von Vikisews empfehlen, auch wenn man kein Russisch spricht. Vieles ergibt sich von selbst und manchmal hilft es, wenn man die Spracheingabe bei Google Translator benutzt. Zusätzlich gibt es die Anleitung als 93-seitige PDF Datei, der Part für die grüne Jacke umfasst davon 31 Seiten.
Ich hoffe, ich konnte euch etwas inspirieren :). Hier sind noch weitere Bilder!











